Hochzeitsgäste außer Rand und Band

Treffen sich zwei Menschen. Sie finden einander sympathisch und lernen sich näher kennen.  Sie lernen sich sehr nahe kennen und aus Symphathie wird Liebe. Eine gemeinsame Zukunft wird erwogen. Ganz sicher gibt es bis zu diesem Zeitpunkt schon viele Gelegenheiten für innigen Körperkontakt und romantisches Miteinander. Doch die wirklich romantische Performance findet statt, wenn der Mann vor der Frau auf die Knie geht und Sie um ihre Hand bittet. Sie wird mit klopfendem Herzen um Fassung kämpfen, ihr Glück wird in Tränen schwimmen und sie wird ihm ein JA zuhauchen. Dann gibt es eine Hochzeit.

Das ist der Zeitpunkt für das zunächst unentspannte Präludium einer jeden Hochzeit. Tausend Dinge wollen bedacht werden. Aufregung bricht aus, da die Situation neu, selten, ungewohnt oder überraschend ist. Fragen türmen sich auf: Wen laden wir ein? Viel schwieriger: Wen laden wir nicht ein? Was ziehen wir an? Wo wollen wir feiern? Wie soll die Trauung sein? Was kostet der ganze Spaß? Haben wir das nötige Kleingeld? Warum nicht? Woher bekommen wir es? Wollen wir überhaupt noch heiraten? Na gut.

Wenn alle Fragen zufriedenstellend beantwortet werden konnten, geht es an die Umsetzung. Hilfreich sind nun  beratende Modeforen, die in Sachen Brautmode, Accessoires, Gestaltung anregen und eine große Familie, die unterstützend in die Aktivitäten einsteigt. Mutti wird ihren Standpunkt ganz sicher in die Auswahl des Hochzeitskleides und der Örtlichkeit einbringen. Vati hat bestimmt eine Meinung zur Gästeliste und zum Menü. Oma wird auf jeden Fall in die Verpflichtung der Kapelle oder des DJ’s eingreifen. Und Opa lässt es sich nicht nehmen, auf eine Equipage zu bestehen. Alle Freunde haben auch Ideen und Vorschläge, von denen keiner einfach so abgetan werden darf. Es ist in dieser Situation von Vorteil, über eigene klare Vorstellungen und ein gesundes Maß an Durchsetzungsvermögen zu verfügen.

Himmel Herzen Hochzeit

Foto: Retinafunk/Flickr.com

Der Großteil der Organisation einer unvergesslichen Feier liegt in den Händen des Brautpaares. Aber das Maß an kreativer Energie, das die Gäste aufbieten, um ihrem Verständnis von Bräuchen und Traditionen Beachtung zu verschaffen, darf nicht unterschätzt werden. Um allen Heiratswilligen etwaige Schocks zu ersparen, sollen hier einige Rituale genannt werden, die zwar selten angewendet werden, aber durchaus zum Hochzeitsbrauchtum zählen:

Kränzen: Es gibt Gegenden, in denen die Nachbarn am Abend vor der Hochzeit einen Kranz aus Tannenzweigen an der Tür des Brautpaares anbringen. Die Liebenden sollten Vorsorge tragen, dass dabei nicht unterarmlange Stahlnägel durchs zarte Türblatt gejagt werden. Das Anbringen des Kranzes wird meist vom Singen traditionellen Liedgutes begleitet.

Letsch: Einst verlas der Pastor an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen die drei vorgeschriebenen Aufrufe zur Eheverkündigung im Hochamt von der Kanzel. Im Anschluss an den ersten Aufruf – der Letsch – kamen die Freunde und Bekannten der Brautleute im Elternhaus der Braut zu einem Umtrunk zusammen. Eine echte Letsch findet daher an einem Sonntag statt, meist drei Wochen vor der Trauung. Der Umtrunk beginnt gegen Mittag und dauert oft bis tief in die Nacht. Das Paar erhält am Tag darauf schon einen Eindruck vom day after wedding.

Wecken: In einigen Gegenden ist es Brauch, dass der Bräutigam von seinen Geschwistern, Freunden, Kollegen, Vereinskameraden usw. aufgeweckt wird. Dies geschieht meist mit Geschossen oder Musik. Mittlerweile ist dies auch bei der Braut üblich und wird auch nicht mehr nach Geschlechtern getrennt. Die Wahl der Geräuschquelle obliegt den Gästen. Die Wahl der Gegenmaßnahmen liegt beim Brautpaar.

Allseits bekannt ist der Autokorso. Heute wird das Brautpaar in ein extra für diesen Anlass gemietetes Auto gesetzt. In einen Sportwagen, einen Oldtimer oder eine Luxuslimousine. Wenn das Fahrzeug büchsenklappernd Kurs auf die Feier nimmt, sind die argen Mühen der Vorbereitungen bald vergessen. Die Hochzeitsgesellschaft kurvt hupend durch die Stadt. Das Fest beginnt. Die Kapelle spielt wie enfesselt. Alle tanzen die ganze Nacht. Es ist das Fest ihres Lebens. Möge diese Nacht nie enden.